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Der Feuerwehrmann, der im Feuer blieb

Dirk Fankhänel aus Oberdorf ist vor zehn Tagen bei einem Großeinsatz mit der Berufsfeuerwehr Chemnitz ums Leben gekommen

Oberdorf. Es gibt diese zwei Seiten der Feuerwehr in Oberdorf. Die eine atmet geradezu 142 Jahre Geschichte. Da ist die stolze Gründung der Pflichtwehr im Ort bereits von 1870. Dann sind die zwei schweren Weltkriege. 1970 gründen die Frauen eine Brandschutzgruppe. Und 1992 helfen viele Kameraden gar, die schlimmen Waldbrände im fernen Kreis Weißwasser zu löschen. Im Jahr 2000 gewinnen die Oberdorfer schließlich beim Wettstreit von Sachsens Jugendwehren doppelt - die Mädchen Silber, die Jungs Gold. Das sind 142 Jahre im Zeitraffer.

 

Die andere Seite der Feuerwehr in Oberdorf atmet schwere Trauer. Sie folgt diesen 142 Jahren düster in der Chronologie. Ihre Geschichte ist kurz, sie beginnt nicht 1870, sondern in der Nacht zum 20. Mai 2012.

Zehn Tage ist es jetzt her, dass einer ihrer Oberdorfer Kameraden von einem Einsatz nicht mehr zurückgekehrt ist. Sein Name ist derzeit der bekannteste Name in der Region: Dirk Fankhänel. 41 Jahre. Oberbrandmeister.

Der Brand in Altchemnitz vor zehn Tagen. Ermittlungen zur Brandursache und den Umständen des Todes von Dirk Fankhänel laufen noch.

Der Brand in Altchemnitz vor zehn Tagen. Ermittlungen zur Brandursache und den Umständen des Todes von Dirk Fankhänel laufen noch.

Foto: privat

Der Mann war in jener Nacht nicht für die Oberdorfer ehrenamtlich, sondern für die Chemnitzer Feuerwehr hauptberuflich im Einsatz. Eine Lagerhalle in Altchemnitz brannte lichterloh. Dann gab der Dachstuhl den Flammen nach. Dirk Fankhänel stand darunter. Das Feuer war stärker als er. Nun trauern zwei Städte, zwei Regionen, zwei Wehren und viele Menschen um den Feuerwehrmann, der im Feuer blieb.

Seither ist auch in Oberdorf die Welt ganz bestimmt ein wenig eine andere. Nachprüfen lässt sich das schwer, aber es kann erfühlt werden. Die Feuerwehrleute selbst wollten zuerst schon öffentlich sprechen über den Vorfall - und ihre Trauer. Gestern überlegten sie es sich kurzerhand wieder anders. Nein, sie wollen darüber nicht reden. Keine Anrufe. Vielleicht aber später? Wohl nicht ... Denn was sollen sie auch sagen?

Mehrere Traueranzeigen sind in der "Freien Presse" erschienen. Die Stadt Stollberg schließt sich zudem dem Spendenaufruf der Stadt Chemnitz an.

Der Oberdorfer hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.

Das ist die Unerklärlichkeit. Diese andere Seite im Dasein eines kleinen Feuerwehrortes, die keiner wahrhaben will. Aber muss. Ein Ort, der daher allen Grund hat, das Nichtssagen zu wagen. "In diesen schweren Stunden besteht unser Trost oft nur darin, liebevoll zu schweigen und schweigend mitzuleiden", schreiben etwa Mandy und Markus Lorenz in das virtuelle Kondolenzbuch des Kreisfeuerwehrverbandes Erzgebirge. Und René Lantelme - offenkundig auch Feuerwehrmann - äußert sich dort mit knappen Sätzen: "Hab den Kollegen nicht persönlich gekannt - trotzdem geschockt über das Schicksal und betroffen! Allen die ihn kannten, mochten, liebten: Viel Kraft und Energie. Aufrichtig."

Es ist ein schmales schwarzes Kreuz mit rotem Rahmen, welches den Internetnutzer in dieses virtuelle Kondolenzbuch einlädt. Auf dem Kreuz steht der Name des toten Oberdorfer Kameraden. Am oberen Ende hängt ein moderner Feuerwehrhelm. Eine rote Rose, sehr klein, schmiegt sich zudem an das Kreuz. "Ruhe in Frieden" steht darunter in altdeutschen Lettern.

Auf der selben Internetseite - im Dienstplan der kommenden Monate - ist Dirk Fankhänel noch eingetragen. Im Juni und August wäre er in je einer Einsatzübung mit dabei. Im Juli wurde er zudem als Gruppenführer eingeplant. Dies alles liest sich zehn Tage nach der Tragödie ein wenig wie der letzte Wunsch, der Dirk Fankhänel möge noch da sein.

Doch dem ist nicht so. Die ersten 142 Jahre der Oberdorfer Feuerwehr-Existenz sind nun nur noch eine Seite der Geschichte. Endgültig.

Der Stadtfeuerwehrverband Chemnitz hat ein Spendenkonto eingerichtet, um die Hinterbliebenen zu unterstützen. Wer ebenfalls helfen möchte, kann dies über folgende Bankverbindung tun: Stadtfeuerwehrverband Chemnitz e.V., Konto-Nummer 380002116, Bankleitzahl: 87096214, Volksbank Chemnitz. Kennwort: Dirk Fankhänel

 
erschienen am 29.05.2012 ( Von Jan Oechsner )

Quelle: Freie Presse

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Freitag, 19. April 2024

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